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BGH entscheidet über "Erforderlichkeit" der Sachverständigenkosten

Mit Urteil vom 11.02.2014 (AZ: VI ZR 225/13) hat der Bundesgerichtshof erfreulicherweise zum Merkmal der "Erforderlichkeit" der Sachverständigenkosten Stellung bezogen und damit mehr Klarheit bei der Schadensabwicklung geschaffen. Auch wenn die unterinstanzliche Rechtsprechung überwiegend die Kürzungen der Sachverständigenkosten durch die Versicherer für ungerechtfertigt hält, ist diese Praxis bei der schadensregulierenden Versicherung immer öfter an der Tagesordnung. Der sechste Senat hatte sich mit dieser Problematik zu beschäftigen: Der Revisionskläger begehrte die Überprüfung der Kürzung der geltend gemachten Nebenkosten eines Sachverständigen seitens der gegnerischen Haftpflichtversicherung.

Bekannt ist, dass der Geschädigte einen Sachverständigengutachter mit der Erstellung eines Gutachtens zur Schadenshöhe des verunfallten Fahrzeuges beauftragen darf und von dem Schädiger den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen kann. Erforderlich sind nach ständiger Rechtsprechung

diejenigen Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Dies bedeutet jedoch nicht, so der sechste Senat, dass vom Geschädigten verlangt werde, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte. Diese überobligatorischen Anstrengungen seien dem Geschädigten im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht nicht zuzumuten. Diesbezüglich ist also entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht auf die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten gemäß § 277 BGB abzustellen. Hier sei vielmehr eine subjektbezogene Schadensbetrachtung vorzunehmen, die die spezielle Situation des Geschädigten berücksichtige. Hier sei das Augenmerk bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten insbesondere auf die individuelle Erkenntnis- und Einflussmöglichkeit sowie auf die individuell für den Geschädigten bestehenden Schwierigkeiten zu richten. Der Geschädigte müsse keinesfalls vor der Wahl seines Sachverständigengutachters eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben.

Ein Indiz für die Erforderlichkeit der Gutachterkosten bilde die Übereinstimmung des vom Geschädigten erbrachten Kostenaufwandes mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden getroffenen Preisvereinbarung, es sei denn diese ist erkennbar deutlich zu hoch angesetzt. Es muss sich an dem Wissensstand und der Erkenntnismöglichkeit des Geschädigten orientiert werden. Folglich können Sachverständigenkosten nicht allein unter Berufung auf eine "BVSK-Honorarbefragung", d. h. einer Honorumfrage eines Sachverständigenverbandes, gekürzt werden. Dem Geschädigten muss das Ergebnis dieser Umfrage nicht bekannt sein. Erst wenn er erkennen muss, dass die üblichen Preise deutlich vom Sachverständigen überschritten werden, muss er einen günstigeren mit der Erstellung des Gutachtens beauftragen.