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In einem Urteil vom 20.7.2018 wurde vom Amtsgericht Aachen nahegelegt, dass man als Geschädigter einen verständigen Anwalt mit der Durchsetzung seiner Interessen beauftragen soll. Dies sei auch dann geboten, wenn die Versicherung des Schädigers die Haftung dem Grunde nach bestätigt. Die Rechtsanwaltskosten, die durch die Inanspruchnahme entstehen, seien dabei nach einem unverschuldeten Unfall von der Gegenseite immer zu erstatten. (AG Aachen Urteil vom 20.07.2018 AZ: 113 C 31/18)

Versicherungen wollen ausschließlich eigene Kosten geringhalten

Auch Stiftung Warentest rät die Abwicklung eines unverschuldeten Verkehrsunfalls am besten von einem Anwalt abwickeln zu lassen, um nicht als Geschädigter letzten Endes auf einem Teil der Kosten sitzen zu bleiben. Das Regulierungsverhalten der Versicherungen ist nämlich nicht gerade zu Gunsten der Geschädigten. Vielmals werden Kürzungen geltend gemacht, die so nicht rechtens sind.

Den vollständigen Bericht von Stiftung Warentest finden Sie unter:

https://www.test.de/Schadensabwicklung-nach-Autounfall-So-tricksen-die-Versicherer-5364092-0/

Unkenntnis der Geschädigten wird ausgenutzt 

Die meisten Unfallgeschädigten kennen ihre Ansprüche oft nicht oder zumindest nicht vollständig. Dies ist wenig verwunderlich bei der Fülle an Rechtsprechung im Verkehrsrecht, sodass Spezialkenntnisse erforderlich sind. Diesen Umstand nutzen die Versicherungen, um ihre eigenen Kosten möglichst gering zu halten; zu Lasten der Geschädigten.

Keine Suche nach günstigem Abschleppunternehmen gefordert

Das AG Deggendorf hat mit Urteil vom 27.06.2018 (Az. 3 C 259/18) entschieden, dass nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall keine Verpflichtung dazu besteht, noch am Unfallort Marktforschung nach einem möglichst günstigen Abschleppunternehmen zu betreiben.

Das Gericht hat erkannt, dass sich der Geschädigte nach einem Verkehrsunfall in einer Notsituation befindet, in welcher sogar noch Eile geboten ist. Nach dieser realitätsnahen Entscheidung muss der Unfallgeschädigte somit nicht noch am Unfallort, während sein nicht mehr fahrbereites und verkehrssicheres Fahrzeug an der Unfallstelle steht, im Internet nach dem günstigsten Angebot suchen und Preise vergleichen. Gleichwohl dürfen die Abschleppunternehmen keine Preise verlangen, die sichtlich überteuert sind und nicht der Realität entsprechen. Wurde am Telefon kein Preis verhandelt und macht der Abschleppunternehmer nach Abtretung der Ansprüche völlig überhöhte Preise bei der Versicherung geltend, schuldet die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung lediglich den lokal üblichen Preis.

Abschleppen zu Werkstatt des Vertrauens bis 100 km möglich

Mit gleichem Urteil hat das AG Deggendorf auch entschieden, dass ein Abschleppen zu seiner Werkstatt des Vertrauens bis zu einer Entfernung von 100 km möglich ist. Ist die Werkstatt unter 100 km von dem Unfallort entfernt, handelt es sich nach dem AG Deggendorf um eine vertretbare Entfernung, um sich von dem gerufenen Abschleppdienst noch zu seiner Vertrauenswerkstatt schleppen zu lassen. In dem Urteil war die Werkstatt 70 km von der Unfallstelle entfernt.

Bitte beachten Sie, dass dies nur gilt, soweit kein Totalschaden vorliegt. Im Totalschadensfall werden häufig nur die Abschleppkosten bis zur nächst gelegenen Werkstatt von der gegnerischen Versicherung übernommen, da es bei einem Totalschaden mangels Reparatur nicht nötig, zu seiner Werkstatt des Vertrauens geschleppt zu werden.

BGH sieht einen schnellen Verkauf unproblematisch

Der BGH hat mit Urteil vom 27.09.2016 entschieden, dass sich der Geschädigte eines Verkehrsunfalls auf den Restwert des Sachverständigen verlassen darf. Der Geschädigte dürfe sein beschädigtes Fahrzeug sofort zum ermittelten Restwert verkaufen. Insbesondere müsse die gegnerische Haftpflichtversicherung nicht vorab informiert oder auf ein höheres Restwertangebot ihrerseits gewartet werden. (BGH vom 27.09.2016, NJW 17,953)

Nach dem OLG Braunschweig ist die Versicherung vor schnellen Verkauf zu informieren

Das OLG Braunschweig stellte sich mit Urteil vom 30.01.2018 auf einen anderen Standpunkt. Nach dessen Ansicht muss der Geschädigte vor einem „schnellen Verkauf“ des beschädigten Fahrzeugs, zum ermittelten Restwert des Sachverständigen, der gegnerischen Haftpflichtversicherung den Verkauf anzeigen. (OLG Braunschweig 30.01.18, 7 U 3/17)

Unterlässt er dies, müsse er sich einen von der Versicherung ermittelten höheren Restwert anrechnen lassen. Dabei lies der Senat die Argumente der Klägerin, dass sie auf einen Ersatzwagen und auf das Geld zur Beschaffung eines solchen angewiesen sei, nicht gelten. Selbst die Verkürzung der Nutzungsausfallzeit, welche der Versicherung zu Gute käme, sei nicht ausreichend.

Nach Ansicht des OLG Braunschweig müsse der Geschädigte seine wirtschaftliche Situation der Versicherung anzeigen und die Aufnahme eines Kredits bei nicht Regulierung ankündigen.

Überraschendes Urteil

Die Entscheidung des OLG Braunschweig ist etwas überraschend, da sie einer relativ aktuellen BGH Entscheidung widerspricht. Die Entscheidung sorgt für Rechtsunsicherheit bei den Geschädigten. Auf Grundlage dieser Rechtsprechung ist den Geschädigten anzuraten vor Verkauf des Fahrzeugs dies der gegnerischen Versicherung zur Sicherheit anzukündigen.

Normalerweise dürfen Mobiltelefone am Steuer nicht verwendet werden. Jede verbotswidrige Nutzung führt zur Auferlegung einer Geldbuße.

Nunmehr hat das Oberlandesgericht Köln mit Beschluss vom 07.11.2014 entschieden, dass das bloße Aufnehmen und wieder Weglegen eines Mobiltelefons keine verbotene Nutzung darstellt.

Nimmt der Autofahrer sein Telefon lediglich zur Hand um es an anderer Stelle wieder abzulegen, ist der Tatbestand der verbotswidrigen Benutzung des Handys im Sinne von § 23a Abs. 1a StVO nicht erfüllt.

Grundsätzlich müssen Beteiligte nach einem Verkehrsunfall auf die Polizei warten und dürfen sich nicht einfach vom Unfallort entfernen.

Jetzt hat der BGH (Urteil vom 27.08.2014, Az.: 4 StR 259/14) entschieden, dass bei Verletzung nicht immer zu warten ist. In so einem Fall könnte das Entfernen vom Unfallort gerechtfertigt sein.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: ein Mann ist nach einem selbstverschuldeten Unfall in das Auto eines Bekannten gestiegen, weil seine Fingerkuppe angeknickt war und start blutete.

Das Landgericht hat jetzt zu prüfen, ob im vorliegenden Fall ein berechtigtes oder entschuldigtes Entfernen vom Unfallort vorliegt.